Jakob Fischer, 1743 in Suhl in Sachsen geboren, ist der Begründer des Industriestandortes St. Aegyd a. N. 1794 suchte er für seine in Hainfeld an der Gölsen gelegene Säbelklingenfertigung einen näher bei Gußwerk, von wo er sein Roheisen bezog, gelegenen Standort. Auf Grund seines Waldreichtums und der nutzbaren Wasserkraft fiel seine Wahl auf St. Aegyd a. N. Er kaufte das Bauerngut BIRBISTHAL - das heutige Gasthaus Stiefsohn.
Die Familie Fischer ließ sich anfangs des 19. Jahrhunderts dauerhaft in St. Aegyd nieder. Jakob Fischer erwarb zur Sicherung des Rohstoffbedarfs in Niederalpl, unweit von Mariazell ein Eisenbergwerk mit dem dazugehörigen Hochofen.
Nach dem Tode Jakob Fischers im Jahre 1809 kam sein Sohn Daniel Fischer zu dem Entschluß, maschinall Draht zu erzeugen und errichtete den ersten, mit Wasserrad angetriebenen Drahtzug.
1833, nach dem Tode Daniel Fischers, teilten sich die beiden Söhne den Nachlaß. Der ältere, Daniel, erhielt die Erzgruben und den Hochofen in Niederalpl; der jüngere, Anton, das St. Aegyder Werk.
1845 wurde in St. Aegyd die Produktion von Drahtseilen aus harten und doch geschmeidigen Drähten hoher Festigkeit aufgenommen. Die Drahtseile erregten große Aufmerksamkeit.
1850 wurde die erste Drahtverseilmaschine, die sowohl Litzen, als auch Seile herstellen konnte, in St. Aegyd aufgestellt.
1869 wandelte Fischer sein Unternehmen in eine Aktiengesellschaft um. Die folgenden Jahre des 19. Jahrhunderts waren gekennzeichnet von Rationalisierungen, Verbesserungen der Rohstoffversorgung und einem ständigen AUF und AB des Geschäftserfolgs. Der Börsenkrach in Wien hinterließ auch in der St. Egydy Eisen- und Stahlindustriegesellschaft - wie die Fischerschen Weke nun hießen - seine Spuren.
Anton Fischer verkaufte einen Großteil der Aktien und zog sich aus dem Verwaltungsrat zurück.
Der nunmehrige Mehrheitseigentümer Dr. Rappaport gründete die Österreichisch-Alpine-Montangesellschaft. Die Betriebe der nunmehrigen ST. EGYDYER-EISEN-UND-STAHL-INDUSTRIEGESELLSCHAFT blieben jedoch selbständig. Nach einigen Turbulenzen mit der ALPINE steigt der Auftragsstand bei Stahldrahtseilen.
1885 wird das in England erfundene Patentierverfahren auch erstmals in St. Aegyd angewendet und revolutioniert die Draht- sowie die Drahtseilfertigung.
1893 erhält das St. Aegyder Werk nach der Fertigstellung der Bahnlinie Schrambach - Kernhof ein Anschlußgleis.
In den folgenden Jahren, insbesonders im 20.Jahrhunderts, mit der Unterbrechung des 1. und 2. Weltkrieges, wurden mehrere Seilbahnen mit ST. EGYDYER - Seilen ausgerüstet:
1894 Schloßbergbahn GRAZ
1903 Standseilbahn auf die MENDEL bei BOZEN
1905 Seilbahn LANA - VIGILJOCH, BOZEN
1908 Kohlernbahn, BOZEN
1912 Seilbahn MONT BLANC, CHAMONIX
1920 HAFLING-BAHN, MERAN
1925 ZUGSPITZBAHN EHRWALD
1926 RAXBAHN HIRSCHWANG, PFÄNDERBAHN BREGENZ, FEUERKOGELBAHN EBENSEE
1927 HAHNENKAMMBAHN KITZBÜHEL, BÜRGERALMBAHN MARIAZELL,
SCHMITTENHÖHEBAHN ZELL AM SEE, PATSCHERKOFEL- und HAFELEKARBAHN INNSBRUCK.
1937 GALZIGBAHN in ST.ANTON am ARLBERG, KANZELBAHN ANNENHEIM, SCHRÄGAUFZUG VERMUNT;
außerdem wurden über 12000 Wirtschaftsseilbahnen mit ST. EGYDYER-Seilen in Betrieb genommen.
1947 wurden die PFÄNDERBAHN und die 2. SEKTION der DACHSTEINBAHN mit verschlossenen Seilen ausgerüstet.
ANMERKUNG: Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
1946 erfolgte die Übernahme der ST. EGYDYER als sogenanntes DEUTSCHES EIGENTUM durch die USIA-Verwaltung, die unter 4 russischen Generaldirektoren 9 Jahre dauerte. Während dieser Zeit wurde bis an die Kapazitätsgrenzen produziert, was aber zur Folge hatte, daß keine oder nur die notwendigsten Investitionen vorgenommen wurden.
1955 wurden am 13. August die Werke der ST. EGYDYER an den BÖHLER-Konzern zurückgegeben. Sie wurden als zum BÖHLER-Konzern gehörig verstaatlicht.
Quelle: Buch 100 Jahre BÖHLER EDELSTAHL
Werksgelände Drahtwerk um 1970 |
Nun folgten umfangreiche Investitionen, wie die Errichtung einer neuen Halle mit gänzlich neuen Durchlaufvergüteanlagen des Drahtwerkes. 1972 - 1974 wurde schließlich der gesamte Drahtzug in eine neu errichtete Halle neben der bereits bestehenden Patentierhalle übersiedelt. 1980: Auf Grund Entscheidungen höherer Ebene nahmen Gerüchte über geplante Absiedlungen der St. Aegyder Produktionen ins Mürztal nach und nach Gestalt an. Damit wurde das Ende der Verstaatlichten in St. Aegyd a. N. und das Ende einer langen Industriegeschichte eingeleitet. 1983 - 1984 wurde auch das Rohrwerk in das steirische Kindberg abgesiedelt. Als Ersatz für die verlorenen Produktionszweige wurde in der Zwischenzeit eine Produktionshalle für AUTOMOTIVE PRODUKTE - genauer gesagt - Auspuffanlagen neben dem alten, nun nach und nach still gelegten Rohrwerk errichtet. Nach erheblichen Turbulenzen wurde das Werk schließlich 1990 an die deutsche ROTH-Technik verkauft. In weiterer Folge kaufte eine private Gruppe die Werksgruppe und heißt seitdem RTA "Roth-Technik Austria". Die Werksgruppe verzeichnete seitdem einen stetigen Aufschwung. |
Baustelle Fa. Roth-Technik 21.7.2011 | Fa. Roth-Technik 23.5.2019 |
Im Februar 2001 wurde der letzte Rest des ehemaligen Standortes der VERSTAATLICHTEN INDUSTRIE - das Seilwerk der VOEST-ALPINE-AUSTRIA-DRAHT GMBH verkauft. Der neue Eigentümer ist die Firmengruppe TEUFELBERGER GmbH. | Fa. Teufelberger GmbH - Werk St. Aegyd a. N. |